… klauen:
Die wenigsten professionellen Köche entwickeln ihre eigenen Rezepte. Es werden alte, überlieferte Rezepte verwendet, teilweise neu interpretiert oder schlicht und ergreifend dem eigenen Können und der eigenen finanziellen oder zeitlichen Möglichkeiten angepasst.
Zunehmend werden Rezepte auch im Internet gesucht, um die gesamte Speisekarte eines Restaurants zusammen zu googeln und das ist auch in Ordnung so, solange die Qualität stimmt. Besser gut ‚geklaut‘ als schlecht selbst erfunden. Vorausgesetzt man kann kochen, denn viele der Rezepte die man im Internet findet, taugen recht wenig, manche sind sogar falsch oder gefährlich. Ich habe mal ein Rezept für Chickenwings gesehen, da wurde die Marinade der Wings mit etwas Ketchup, Honig und Tabasco „abgeschmeckt“ und serviert. Ohne Erhitzen! Der Autor hatte sich dabei entweder nichts gedacht oder er wollte den wohlhabenden Onkel mit einer saftigen Salmonellenvergiftung zum vorzeitigen Erblasser befördern.
… ein abwägen von Kompromissen:
Den Anspruch, alles frisch zuzubereiten mag ja ehrenhaft sein, aber bevor man Gemüse verarbeitet, dass schon kurz vor der Rente steht und dementsprechend runzelt, nimmt man dann doch lieber einmal Tiefkühlware – dem Vitamingehalt zuliebe. Manche Produkte, wie zum Beispiel Erbsen bieten sich dafür geradezu an.
Es ist allemal besser TK-Ware zu verwenden, als ein Frischprodukt, welches erst um die halbe Welt gekarrt wurde, weil in ihrer Heimat dafür gerade keine Saison herrscht. Oder man lässt es einfach bleiben und kauft Saisongemüse beim Händler seines Vertrauens.
Bevor man geschmacksneutrale Tomaten im tiefsten Winter frisch kauft, nimmt man doch lieber hochwertige Dosenware für seine Sauce Bolognese. Denn die Tomaten in den Dosen wurden im Sommer reif geerntet und haben dementsprechend auch einen guten Geschmack. Achten Sie bei Dosentomaten darauf, dass auch wirklich nur Tomaten und Tomatensaft drin ist. In vielen Dosen ist nämlich zusätzlich auch Zitronensäure drin und die braucht man nun wirklich nicht.
Wer noch eine Oma auf dem Land hatte, kennt vielleicht auch noch die alten Wohnküchen: der – oftmals einzige – Aufenthaltsraum des täglichen Lebens. Ein Kanapee in der Ecke für Opas Mittagsschläfchen, ein großer Esstisch an dem sich sowohl Besucher als auch Bewohner niederließen und vor allem der Holz- oder Brikett- befeuerte Herd, der das ganze Jahr über lief : auf dem wurde gekocht, der heizte das Zimmer, über dem wurden auf einer kurzen Wäscheleine Opas Doppelripp-Unterhemden und feuchte Geschirrtücher getrocknet und auf dem Herd stand auch oft ein großer Topf mit Wasser in dem die Küchenabschnitte von Gemüse oder Gerippe von Suppenhühnern oder sonstiges zu einer Bouillon oder einem Sud vor sich hin köchelten.
Heutzutage muss man für eine hausgemachte Bouillon meist erst mal die Zutaten kaufen, weil man nicht genug an „Küchenabfällen“ produziert und dann auch noch den Elektro- oder Gasherd extra ein oder zwei Stunden laufen lassen, um die Bouillon oder den Sud zu köcheln. Da greifen viele doch lieber zu Fertigbrühe und das ist in vielen Fällen auch o.k. – nicht optimal, aber vertretbar. Ich nehme ganz gerne die Bio-Brühen von Knorr: die schmecken sehr gut, enthalten aber kein Glutamat, welches sich in nahezu jeder Nichtbiobrühe widerfindet. Glutamat ist ein Geschmacksverstärker und immer mehr Menschen mögen das nicht – manche reagieren sogar mit Allergien auf künstliches Glutamat. Glutamat verstärkt auch den Fresstrieb, d.h. Sie essen dann deutlich mehr, als Sie eigentlich Hunger haben.
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… eine Frage von Können und Erfahrung :
Jeder noch so tolle Koch hat irgendwann einmal als absoluter Nichtswisser begonnen. Kochen zu können ist weder genetisch bedingt noch eine Wundergabe Gottes. Ich habe Erwachsene kennen gelernt, die nicht mal wussten, wie man Kartoffeln kocht und das ist überhaupt keine Schande – wenn es einem niemals gezeigt wurde, woher soll man es dann wissen? Oder wissen Sie, wie man beim Motor ihres Autos die Ventile einstellt? Für einen KFZ-Mechaniker ist das Basiswissen, für einen Optiker oder einen Bäckergesellen ein Riesenfragezeichen.
Erfahrung hilft natürlich ungemein. Vor allem dabei, den Überblick zu bewahren und dass am Schluss alle Bestandteile eines Gerichtes gleichzeitig fertig sind. Aber man kann sich auch der Erfahrung anderer bedienen: deshalb versuchen wir in unseren Rezepten auch immer, so wenig wie möglich vorauszusetzen und jeden Handgriff in chronologischer Reihenfolge mittels eines Detailfotos oder Video zu zeigen und zu erklären – für denjenigen, der es braucht. Wer schon weiß wie man denn nun richtig Tomaten enthäutet, Nudeln kocht oder einen Knoblauch wie ein Profi schält, der braucht sich das nicht zum hundertsten Mal anhören aber wer es noch nie gemacht hat, wird sich sicherlich über eine gute Erklärung oder ein Video freuen.
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… zu 10 % Glück :
Die Natur schert sich natürlich einen Dreck um die von Menschen erdachten Regeln und Normen. Also sind auch zwei Lebensmittel niemals 100% identisch und manchmal erwischt man‘s halt ein bisserl besser, manchmal ein bisschen mehr so lala.
Deshalb sind Kochvideos so praktisch. Da sieht man, welche Konsistenz ein gutes Risotto haben sollte – es gibt dafür keine wissenschaftlich exakte Herangehensweise mit genauen Zeitangaben, das kann man auch weder mit Worten beschreiben, noch auf einem Foto richtig erkennen – das muss man einfach mal gesehen haben und dann funktioniert es auch bei Ihnen.
Übrigens: Glück ist auch, dass zum Beispiel das Telefon nicht gerade in dem Moment klingelt, wenn man das Steak in der Pfanne hat. Aber wozu haben Sie eigentlich einen Anrufbeantworter? Gehen Sie einfach nicht ran!! Wenn es wichtig war, ruft der Andere später schon noch einmal an. Aber in diesem Moment ist ihr Abendessen wichtiger.
… vor allem auch eine Frage des Selbstbewusstseins
Wenn Sie mit dem Essen an den Tisch gewackelt kommen und schon im Anmarsch, mit Entschuldigungen und Ausreden beginnen:
„Entschuldigung, ich glaube, das is ein bisserl angebrannt“
„Leider ist gerade keine Saison für xyz, deshalb ist es vielleicht etwas zäh (trocken / fad / wässrig)“
Jetzt sind ihre Gäste natürlich von vornherein auf etwas Schlechtes gefasst. Sie finden Fehler, die sie vielleicht von alleine gar nicht gefunden hätten.
Ihr Essen ist nicht angebrannt! Sondern Sie haben bewusst einen Akzent auf starke Röstaromen gesetzt, damit das Fleisch auch mit der geschmacksintensiven, kräftigen Soßen mithalten kann!
Natürlich gibt es Grenzen, es soll schon noch schmecken. Aber denken Sie daran, dass ihre Gäste gar nicht wissen, wie das Gericht ursprünglich eigentlich beabsichtigt war:
Mir ist es beispielsweise einmal bei einem Dîner für ein Dutzend Leute passiert, dass der Riesentopf für das Nudelwasser mehr als 20 Minuten gebraucht hatte, bis das Wasser kochte (der Gasherd war ein Superbilligmodell, der die Hitze nicht herbrachte. Ich hätte in diesem Fall das Wasser einfach früher aufsetzen müssen oder mit dem elektrischen Wasserkocher vorheizen sollen).
Problem dabei war, dass in der Zwischenzeit die Entenbrustfilets im Warmhalteofen zulange weitergarten und die Preisselbeer-/ Portweinsauce auf dem Ofen zu sehr einreduzierte (was mir entging, da ich damit beschäftigt war, die Gäste unauffällig mit einer zweiten Runde Aperitif bei Laune zu halten)
Anstatt jetzt aber mein Essen von vornherein als missraten abzustempeln, habe ich die Preisselbeer-/ Portwein-Sauce kurzerhand als Preisselbeer-/ Portwein-Lack deklariert und behauptet, dass ich bei so vielen Gästen auf Nummer sicher gehen wollte und das Fleisch rosa gebraten hätte, weil ja schließlich nicht jeder gerne blutig gebratenes Fleisch isst !
Wahrscheinlich erinnert sich heute keiner mehr an dieses Essen, da es zwar gut, aber mit Sicherheit kein Jahrhundertessen war. Aber viel wichtiger ist, dass auch niemand das Essen in schlechter Erinnerung behielt. Hätte ich gejammert, dass das Fleisch zu trocken sei, die Sauce zulange gekocht, so wäre nur das in Erinnerung geblieben („War ein nettes Fest, aber der Koch hatte ein bisschen zu viel vom Pastis genascht und darüber das Fleisch und die Sauce vermurxt, …“)
Aber so waren alle zufrieden und haben gut gegessen. Sicherlich wäre das Fleisch ursprünglich noch einen Tick besser gewesen und die Tagliatelle hätten mit noch mehr Soße noch mehr von dem fruchtigen Mix aus Preiselbeeren, rotem Portwein und leckerem Balsamicoessig rübergebracht – nur das wusste außer mir keiner!
Wussten Sie, dass Profiköche bei neuen Gerichten immer erst ein Probekochen machen? Das dient zum Ausprobieren – stimmen die Gewürze, stimmt die Konsistenz der einzelnen Zutaten, wie präsentiert man das Gericht auf dem Teller etc etc
Wenn Sie also mal ein wichtiges Essen geben wollen – größere Familienfeier, den neuen Chef erstmals zu sich nachhause einladen oder ähnliches, dann probieren Sie die geplanten Gerichte doch einfach ein paar Tage vorher für sich persönlich einmal aus. Das schafft ungemein Selbstvertrauen, bringt Übung und vielleicht kommen Ihnen dabei noch ein paar tolle Verbesserungsideen. Und wenn Sie wirklich einmal total enttäuscht sein sollten, dann können Sie das geplante Menü immer noch komplett über den Haufen werfen und ganz was anderes kochen – aber natürlich wieder mit vorher Ausprobieren!